Krank durch die Arbeit? Tipps bei psychischen Belastungen im Job

47 % der Menschen in Deutschland fühlen sich gestresst durch die Arbeit. 
Die Top-Stressfaktoren und psychischen Belastungen im Job, die die mentale Gesundheit beeinträchtigen, sind dabei mit zu viel Arbeit und immer steigendem Termindruck verbunden. Zusätzlich sorgt ein dauerhafter Informationsfluss zu einem Gefühl von Überflutung bei den Mitarbeitenden. Auch äußerliche Faktoren wie schlechte Arbeitsbedingungen in Bezug auf ein ungünstiges Raumklima, Lärmbelastung und Beleuchtung spielen eine große Rolle. Diese Faktoren von psychischen Belastungen im Job können zu psychischen Beanspruchungen führen.

Fragen, die es in diesem Zusammenhang zu klären gibt: 

  • Welche Folgen hat Stress auf lange Dauer auf die mentale Gesundheit eines Mitarbeitenden? 
  • Welche psychischen und physischen Auswirkungen hat dieser? 
  • Ab wann geraten wir aus einem gesunden Gleichgewicht
  • Und wie können Führungskräfte mit einer offenen und starken Kommunikation präventiv negativen psychischen Belastungen im Job gegensteuern?
Stress kann zu psychischen Belastungen im Job führen

Psychische Belastung vs. psychische Beanspruchung

Psychische Belastung bezeichnet im Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch nicht die psychische Verfassung oder mögliche psychische Erkrankungen von Beschäftigten, sondern meint wertneutral alle Einflüsse aus den Arbeitsbedingungen. Diese ergeben sich aus den Arbeitsinhalten der Arbeitsorganisation, den sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz sowie den Arbeitsumgebungsbedingungen und den neuen Arbeitsformen. 

Psychische Beanspruchungen meint hingegen die unmittelbare Auswirkung der psychischen Belastungen im Individuum. Diese kann negativ oder positiv sein. Negative Beanspruchungsreaktionen werden oftmals als Fehlbeanspruchung bezeichnet.

Dauerhafte psychische Fehlbeanspruchung kann zu Ermüdung und langfristig auch zu schwerwiegenden psychischen Beschwerden und Erkrankungen wie Depressionen und Burnout führen.

So wirken sich Belastungsfaktoren auf Körper und Psyche aus

Belastungsfaktoren

Es gilt deshalb vor allem präventiv zu handeln und negativen Auswirkungen entgegenzuwirken. Denn Angst- & Panikstörungen sowie Depressionen sind die häufigsten diagnostizierten Erkrankungen, die durch dauerhafte psychische Belastungen hervorgerufen werden. So erkennen Sie Anzeichen bei einem Mitarbeitenden, welcher psychischen Belastungen bzw. Belastungsfaktoren ausgesetzt ist und erste Anzeichen von Fehlbeanspruchung zeigt:

  • Anstieg von Fehlzeiten 
  • Mitarbeiter*in reagiert schnell gereizt
  • Mitarbeiter*in wirkt ausgelaugt
  • Erledigen der Aufgaben dauert auffallend lange
  • Mitarbeiter*in macht vermehrt Konzentrations- und Leichtsinnsfehler
  • Mitarbeiter*in zieht sich sozial zurück

Prävention durch die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung

Die Gefährdungsbeurteilung als gesetzlich vorgeschriebenes Präventionsinstrument soll den oben beschriebenen Folgen arbeitsbedingter Fehlbeanspruchung vorbeugen. Ziel ist es also, gesundheitsbeeinträchtigende Arbeitsbedingungen zu identifizieren und durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess nachhaltig gesundheitsförderlich zu gestalten und damit die mentale Gesundheit stärken. Dazu werden die Arbeitsbedingungen i.d.R. zunächst mittels Befragung durchleuchtet und bei vorhandener Gefährdung Maßnahmen zur Reduktion der Belastung eingeleitet. Diese Maßnahmen sind anschließend auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und ggf. anzupassen. Generell soll die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung regelmäßig aktualisiert und damit fortgeschrieben werden.  

Mehr Informationen zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (kurz GB Psych) finden Sie hier.

Wie können Führungskräfte ihr Team bei mentalen Erkrankungen unterstützen?

Wichtig: Eine Führungskraft ist kein Psychologe und kann nur bedingt eine Hilfestellung geben. Dennoch ist es wichtig, nicht die Augen davor zu verschließen, die mentale Gesundheit in den Vordergrund stellen, Veränderungen im Verhalten eines Teammitglieds wahrzunehmen, die betroffene Person darauf anzusprechen und bei Bedarf professionelle Hilfe anzuregen bzw. zu vermitteln. 

Wir haben Ihnen im Folgenden Tipps und Anregungen zusammengefasst, wie sie als Arbeitergeber*in und als Teammitglied offen mit Betroffenen kommunizieren können. 

Allgemein gilt: 

  • Besprochenes absolut vertraulich behandeln
  • Wertfrei zuhören
  • Ausreden lassen
  • Dankbarkeit für Vertrauen/Offenheit zeigen
  • Unterstützung anbieten

Hilfestellung für Arbeitgeber & Führungskräfte:

  • kurzen Termin einstellen
  • Störungsfreie Umgebung schaffen
  • Veränderung des Verhaltens beschreiben, dabei auf Formulierung achten:
    • “Mir kommt es so vor, als ob Sie derzeit angespannt sind / sich schwerer konzentrieren können…”
    • “…daher wollte ich Sie ganz offen fragen, wie es Ihnen geht?”
    • “Sie können jederzeit mit mir darüber sprechen, wenn Sie möchten”
    • “Gerne können wir uns gemeinsam Lösungswege überlegen”

Sollte sich ein Verdacht nicht bestätigen: akzeptieren und bedanken

Hilfestellung für Teammitglieder:

  • Zeit nehmen und Termin vereinbaren
  • Fragen, was der-/diejenige für das Gespräch benötigt
  • Störungsfreie Umgebung schaffen
  • Gespräch durch offene Fragen einleiten
  • Im Schluss: nächsten Schritt in Aussicht stellen
    Beispiel: “Wollen wir für nächste Woche einen gemeinsamen Termin mit der Personalabteilung einstellen?”

Das könnte Sie noch interessieren:

Unsere Experten bei Argumed haben sich am 2. Juni 2022 intensiv in unserem Webinar „Wir müssen reden! Vorbild Führungskraft: Psychische Gesundheit erfolgreich angehen“ mit dem offenen Umgang von psychischen Belastungen und der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz auseinandergesetzt und einige wichtige Fragen in einem Q&A dazu beantwortet. Das ganz Webinar können Sie sich hier ansehen.

Frage: Benötigen Führungskräfte spezielle Schulungen um Wesens- und Verhaltensänderungen bei Teammitgliedern beurteilen zu können?

Führungskräfte sind in der Regel keine ausgebildeten Ärzte, Psychologen oder Psychotherapeuten. Dementsprechend müssen sie auch keine Diagnosen stellen. Um aber für das Thema zu sensibilisieren und Tipps zum Erkennen und Ansprechen von Verhaltens- und Wesensänderungen bei Teammitgliedern zu vermitteln, sind Führungskräfte Schulungen allerdings auf jeden Fall sinnvoll. 

Frage: Bei fehlendem, persönlichen Kontakt, wie bspw. bei Remote Work fällt es schwerer Wesens- und Verhaltensänderungen zu erkennen. Gibt es Tipps, wie das trotzdem gelingen kann?

Remote Work erfordert meistens zusätzliche Vorkehrungen, um Wesens- und Verhaltensänderungen bei Teammitgliedern zu erkennen. Hierfür bieten sich bspw. so genannte 1:1s an. Das sind regelmäßige Termine (z. B. wöchentlich oder zweiwöchentlich), bei denen Führungskraft und Teammitglied die Gelegenheit haben, über persönliche, arbeitsferne Themen zu sprechen. Diese Gespräche können die Bindung zwischen Führungskraft stärken, aber auch einen Rahmen darstellen, bei dem mentale Beschwerden thematisiert werden können.  

Frage: Sollten Führungskräfte, die möglicherweise im Rahmen eines 1:1 thematisierten psychischen Belastungen eines Teammitgliedes dokumentieren, um im Fall der Fälle nachzuweisen, dass man proaktiv das Thema angesprochen hat (psychische Gefährdungsbeurteilung)?

Eine Dokumentation im Rahmen von 1:1s besprochener psychischer Beschwerden sind für Führungskräfte nicht empfehlenswert. Diese im Vertrauen geteilten Informationen sollten unbedingt auch vertraulich behandelt werden und wenn nicht ausdrücklich anders vereinbart, auch nicht schriftlich festgehalten werden. Auch aus Gesetztes-Sicht besteht hier zum späteren Zeitpunkt keine Nachweispflicht. 

Anders sieht es bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung aus, die Teil der Fürsorgepflicht ist. Hier werden allerdings Arbeitsbedingungen und nicht einzelne Personen oder deren Gesundheitszustand beurteilt. Ziel ist es, als Unternehmen präventiv mögliche Gesundheitsgefährdungen von den Arbeitnehmern fernzuhalten. Hier besteht die Nachweispflicht über die geeignete Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und deren Ergebnisse sowie der abgeleiteten Maßnahmen. 

Für das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement (BEM) besteht ebenfalls eine Nachweispflicht. So muss jeder Arbeitgeber und Arbeitnehmern, welche länger als 6 Wochen arbeitsunfähig gemeldet sind, schriftlich ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement anbieten und die Reaktion darauf dokumentieren.   

Frage: Darf bei einer stufenweisen Wiedereingliederung (Hamburger Modell) im Zuge einer reduzierten wöchentlichen Arbeitszeit und ggf. veränderter Tätigkeit auch das Gehalt (nach unten) angepasst werden?

Die stufenweise Wiedereingliederung nach dem “Hamburger Modell” ist eine Möglichkeit, auf die man sich im BEM-Verfahren einigen kann. Hier erstellt der/die behandelnde Arzt/Ärztin einen Stufenplan zur langsamen Rückkehr ins Berufsleben. Dabei wird die Arbeitszeit oder die Arbeitsbelastung zuerst reduziert und dann über einen festgesetzten Zeitraum Schritt für Schritt wieder gesteigert. Während der gesamten Wiedereingliederungsphase ist die/der Beschäftigte weiter im Status der Arbeitsunfähigkeit und hat in der Regel Anspruch auf den vollen Satz des Krankengelds. 

Gefährdungsbeurteilung entlang der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

Aufgrund der Corona-Pandemie wurden neue und spezifische Arbeitsschutzregeln in Bezug auf SARS-CoV-2 eingeführt. Die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung regelt die Arbeitsschutzmaßnahmen für den betrieblichen Infektionsschutz. Hierdurch sollen Beschäftigte im betrieblichen Kreis vor der schnellen Verbreitung des Coronavirus einschließlich der Mutationen geschützt werden.

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